siegel

 

Chronik der Pichler Mühle in Weiz

 

Dank des jüngsten Umbaus im Jahr 2006 steht heute eine der modernsten Mühlen Österreichs in Weiz. Es ist wert einen kurzen Rückblick in die vergangenen Jahrzehnte zu tun.

 

Schon die Adresse „Kapfensteinergasse“ deutet auf die Wurzeln.
Bis 1840 wurde der Betrieb vom bürgerlichen Geschlecht der Kapfensteiner betrieben. Die letzte Generation derselben blieb kinderlos und so wurde die Mühle gegen angemessene Altersversorgung dem damaligen Obermüller Franz Servatius Pichler (* 1809) übertragen.

franz servatius pichler
Franz Servatius Pichler,
geboren 1807 als vierter Sohn des Franz X. Pichler,
lebte als Müller in Weiz
(Quelle: Familienarchiv der Familie Pichler)

Nach dessen Ableben übernahm sein Cousin Johann (*1813) den Betrieb. Er erhielt den Ehrentitel „Alter Kapfensteiner“ und sein Wirken ist bis heute in Weiz zu finden. So war er unter anderem der Begründer der Sparkasse und bürgerlichen Feuerwehr in Weiz. Durch seine Initiative entstand ferner die Straße durch die Weizklamm, die seither einen praktikablen Zugang zum Passailer Kessel ermöglichte, sowie auch die Lokalbahn von Weiz nach Gleisdorf. Auch der heutige Firmenname J. Pichlers Erben geht auf seine Person zurück.

johann pichler 1813
Johann Pichler,
geboren 1813 als fünfter Sohn des Franz Xaverius Pichler,
lange Zeit Benefiziat am Tabor zu Weiz
(Quelle: Familienarchiv der Familie Pichler)

Seinem Sohn Franz (* 1866) ermöglichte er das Studium an der Technischen Universität in Graz. Es war die Zeit der aufkeimenden Anwendung von Elektrizität. Bis jetzt wurde die Mühle – wie jede andere auch – von einem Rad angetrieben, dessen Energie der vorbeilaufende Mühlgang lieferte. Die heutige Mühlgasse zeugt noch von dieser Zeit.
Der nunmehrige Dipl. Ing. Franz Pichler suchte einen Weg der verbesserten Energiegewinnung für seines Vaters Mühle und nutzte dafür den Weizbach bei Sturmberg. Er baute dort ein Wasserrad und koppelte dieses mit dem ursprünglichen im Ort mittels eines 1.6 km langen Riementriebes , der über zahlreiche Stützen lief. Von dieser kühnen Einrichtung zeugen heute leider nur mehr Federzeichnungen.
Natürlich war diese Art der Energieübertragung sehr reparaturanfällig und führte auch zum oftmaligen Stillstand der Mühle. Und so hatte der junge Franz eine für damals revolutionäre Idee: Er ersetzte den Riementrieb durch Drähte und baute eine Stromerzeugungsmaschine (den Namen Generator gab es zu der Zeit noch nicht) und einen Motor der fortan das alte Mühlrad ersetzte. Das erste Elektrizitätswerk der damaligen Monarchie war geboren.

franz pichler
Franz Pichler,
geboren 1866 als Sohn von Johann Pichler und seiner Frau Theresia,
(Quelle: Familienarchiv der Familie Pichler)

Aus ganz Europa kamen daraufhin Menschen um diese neue Einrichtung zu begutachten und zu bitten, Franz möge doch weitere Anlagen dieser Art bauen. So schlug die Geburtsstunde der ELIN (= elektrische Industrie). Nebenbei erwachte aber auch der Wunsch der Weizer Bürger auch etwas von dieser neuen Energie abzubekommen, was in weiterer Folge zum Ausbau des Versorgungsnetzes in und um Weiz führte. Es war die Stunde der Pichler Werke und man schrieb das Jahr 1892.

 

alte kranhalle


Alte Kranhalle: linke Hälfte 1897, rechte Hälfte 1900 erbaut. Dahinter die 1906 auf das alte Werkgebäude aufgestockte Mechanikerei(
Quelle: Archiv ELIN)

 

Franz hatte inzwischen die Betriebe von seinem Vater übernommen und erkannt, dass der Aufbau eines Versorgungsnetzes und der Ausbau des Elektromaschinenwerkes für eine Familie allein nicht möglich war. So entschied er sich das Werk in eine AG umzuwandeln und auszugliedern. Die Stromerzeugung und der Netzbetrieb blieben allerdings in Familienbesitz.
Von daher an gab es nun zwei Betätigungsfelder für die Familie Pichler: Der Strombereich sowie der traditionelle Mühlenbetrieb gemeinsam mit dem inzwischen entwickelten Handel.
Nach dem Ableben (1919) übernahm dessen Sohn Ernst (*1896) den Bereich Mühle und führte mit großer Umsicht den Betrieb durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges und die Jahre danach.

 

Familie Pichler


Familienbild aus dem Jahre 1897

Stehend von links nach rechts: Ernestine Pichler, Fink-Großvater, Fanny Pichler (später verehelichte Sutter)
Sitzend von links nach rechts: Ing. Franz Pichler (auf dem Schoß sein jüngster Sohn Ernst), Fink-Großmutter, Therese Pichler, Johann Pichler, Vater des Ing. Franz Pichler (zwischen den Knien stehend sein Enkel Franz)
Vorne sitzend: Johann Pichler, Bruder des ELIN-Gründers
(Quelle: Familien-Archiv)


Von ihm ging diese Aufgabe auf seinen Sohn Ernst (1921 – 1986) und schließlich wieder auf einen Ernst (*1950) der das Unternehmen heute in sechster Generation führt.